Röm.-kath. Pfarrei Hl. Mutter Teresa Chemnitz
Gemeinde St. Antonius
Erfenschlager Str. 27 • 09125 Chemnitz • Tel.: 0371/50034
Kreuz
     +++ Bildern zum letzten Familiengottesdienst finden sie unter Aktuelles +++ Einladung zu den Meisterwerken von Max Bochmann am 14.Mai in St. Antonius +++
Mitleid mit dem November
 
anton-novemberAlle Jahre wieder muss der arme November die miesepetrigen Beschimpfungen der Leute aushalten. Hat er das verdient? Ein Wunder, dass der arme 11. Monat selber noch nicht depressiv geworden ist, nach all den Anfeindungen. Also, wenn ich November hieße, ich wäre schon lange nicht mehr wiedergekommen. Sollen doch die Leute ohne mich ... Ja, ja, das Wetter ist schlecht, das Laub ist nass, es regnet, die Grippewelle bringt meiner kleinen Apotheke Rekordumsätze ..., aber es ist ja alles, wirklich alles schlimm. Und was tun wir Katholiken gegen die regenreiche Herbstdepression? Wir verschlimmern sie! Beispiel: Petrus, ja der vom (Un)-Wetter, versorgt die Landschaft mit schönstem herbstlichen Bilderbuchregen. Das ist auch gut so. Würden sich Bauern wirklich über 365 Tage Sonne im Jahr freuen? Zu Allerseelen sieht Petrus beklommen, wie ein kleines Pfarrerlein (ist nicht abwertend gemeint, aber aus der Luft wirkt alles kleiner), sieht Petrus also, wie ein eigentlich normalgroßer Pfarrer auf dem Friedhof die Gräber mit Wasser besprenkelt, mitten im Regen - ja, mit Wasser. Petrus wird denken: „Mensch, ich werde alt. Hab ich denn den Regenhebel nur auf halb gestellt?" Sicherheitshalber wird er noch den zweiten Hebel bedienen, damit Pfarrerlein nicht jedes Grab einzeln besprenkeln muss. „Sauwetter elendes! sch... (scheußlicher) November!", giften dann alle wieder. Statt zu schimpfen sollte man lieber mal Zeitung lesen. Gebetsmühlenartig (jetzt wird mein Text christlich), also gebetsmühlenartig warnt der Automobilclub vor den Gefahren im Herbst, vor Nässe, Rutschgefahr, längeren Bremswegen und Nebelbänken ... Ich persönlich habe auch schon im schönsten Sommer mit strahlend blauem Himmel Nebelbänke gesehen: Sonntagvormittags, 10 Uhr. Damals standen die (Kirchen)-Bänke im (Weihrauch)-Nebel aber kein Automobilclub hat mich vor dieser Gefahr gewarnt! Doch nun muss ich meine Kirche auch mal loben. Gerade jetzt im Herbst verhalten sich die Verantwortlichen im Gottesdienst echt vorbildlich. Um das Evangelienbuch und den Priester vor Unfällen zu bewahren, begleiten sie sonntags zwei Ministranten mit Kerzenlicht, den ganzen Weg vom Kreuz zum Ambo und nach der Verkündigung wieder zurück. Obwohl jeder den Weg des Pfarrers mit dem großen roten Buch kennt, wird niemals auf das Licht verzichtet. Denn es geht hier um Verkehrssicherheit, um Sehen und das Gesehenwerden. Es ist zwar noch nie vorgekommen in St. Antonius, aber möglich wäre folgendes Szenario. Ministrant X hockt gedankenversunken und traurig auf seinem Platz, weil im Bundesliga-Spitzenspiel seine überbezahlte Millionärstruppe FC Blablabla gegen die auch nicht unterbezahlten Gegner vom FC Unwichtig verloren haben. Der Ministrant war am Boden zerstört, als das Fernsehen zeigte, wie seine Idole als Verlierer, mit ihren privaten Staatskarossen verschwanden. Diese sportliche Niederlage ist für Ministrant X ganz bitter, noch viel bitterer als die Erkenntnis, dass die vollarbeitenden Leistungsträger (der Gesellschaft) Mama und Papa zusammen in ihrem ganzen Leben nicht halb so viel Geld verdienen können, wie Stürmer-Leistungssportler Sowieso in einer Saison inklusive Werbevertrag einnimmt, obwohl von Leistung bei ihm nicht viel zu sehen war. Ministrant X ist so traurig (Novemberdepression) dass er den liturgischen Ablauf total verpasst und das erst merkt, als um ihn herum alles anders geworden ist. Orientierungslos loslaufend, sieht er noch rechtzeitig das beleuchtete Duo Pfarrer/Evangelium auf ihn zukommen. Der traurige Messdiener wurde durch das Licht vor einem Zusammenstoß bewahrt. Vorbildlich! Bleibt zu hoffen, dass die Straßenverkehrs-Behörden dieses löbliche Sicherheitskonzept in der Sonntagsmesse nicht durch plötzliche Regulierungswut ad absurdum führen und nun Xenonscheinwerfer statt Kerzenlicht fordern, Winterstiefel statt Halbschuhe verlangen oder dem armen Pfarrer für seinen Weg mit dem Evangelienbuch gar einen Verbandskasten umhängen wollen. Aber auch dafür wird dann bestimmt wieder der November verantwortlich gemacht, der arme, arme Monat November.  antonsch.jpg