Röm.-kath. Pfarrei Hl. Mutter Teresa Chemnitz
Gemeinde St. Antonius
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Kreuz
     +++ Bildern zum letzten Familiengottesdienst finden sie unter Aktuelles +++ Einladung zu den Meisterwerken von Max Bochmann am 14.Mai in St. Antonius +++
Chemnitz an erster Stelle
 
Bundestagsabgeordneter Frank Heinrich berichtet über seinen Weg in die Politik und die Arbeit dort
 
buntertisch-heinrich.jpgWarum richten Politiker ihre Reden an überwiegend leere Stühle im Plenarsaal? Ist es denn für den deutschen Steuerzahler wirklich ein Glücksgefühl, erst Griechenland, dann Irland, vielleicht auch Portugal und zum Schluss die halbe Welt zu retten? Warum wird die böse Bürokratie immer böser? Der Medienkonsument wird zuverlässig mit „Patentrezepten", einfachen Lösungen oder veröffentlichtem Unverständnis über politische Prozesse versorgt, um sich dann besorgt fragen zu müssen: Ja, sind denn die Politiker im Bundestag noch zu retten? Und schnell wird die veröffentliche Meinung zu einer öffentlichen Meinung und komplexe Probleme werden am Stammtisch so einseitig betrachtet, dass die Ergebnisse der Betrachtungen weder zielführend sind, noch das Problem überhaupt erfassen.
Am monatlichen Stammtisch in St. Antonius, also dem Bunten Tisch, hat am 3. Mai 2011 Herr Frank Heinrich Platz genommen. Er ist Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Chemnitz und deshalb prädestiniert dafür, verengte politische Ansichten, Vorurteile und Meinungen zu weiten.
Zunächst ging es um den (für einen Politiker) recht ungewöhnlichen Weg in den Bundestag. Herr Heinrich war vor der letzten Bundestagswahl Leiter der Chemnitzer Heilsarmee. Dann berichtete er sehr interessant über den politischen Alltag. Das eingangs zitierte leere Parlament zum Beispiel ist nicht leer, weil vielleicht alle Abgeordneten in der Kneipe sitzen könnten; nein, sie verrichten auch an den Sitzungstagen ihre Arbeit (in den Ausschüssen), sofern das debattierte Thema im Bundestag nichts mit ihrem Aufgabenbereich zu tun hat. Der Referent erzählte von seinem Arbeitstag, der nach 8 Stunden noch nicht zu Ende ist und oft bis in die Nacht gehen kann. Auch das berühmte „Haifischbecken Berufspolitik" hat Herr Heinrich nicht kennengelernt, sondern Menschen, die über Parteigrenzen hinweg engagiert für die Menschen arbeiten. Das mag an dieser Stelle vielleicht nach Schönfärberei klingen, doch wer den Referenten persönlich erlebt hat, nahm ihm diese Sätze auch ab. Nach den persönlichen Eindrücken beantwortete er alle, der in großer Zahl gestellten Fragen. Am Beispiel des Euro-Rettungsschirmes erklärte Herr Heinrich, welche Abwägungen und Überlegungen nötig sind, um zu einer Entscheidung zu gelangen, die nach bestem Wissen und Gewissen getätigt wurde und welche Risiken dabei berücksichtigt werden müssen. Oft wird das dann (auch durch einige Medien) einseitig, verkürzt und zugespitzt kommuniziert. Geht das den Kirchen aktuell nicht auch so, dass die öffentliche Wahrnehmung nicht identisch mit dem ist, was die Menschen in der Kirche erleben?
Im dritten Teil des Abends beantwortete Herr Heinrich Fragen. Dort erklärte er zum Beispiel, dass die Bürokratie nicht aus „Lust am Zettel bemalen" (so er wörtlich) schlimmer wird, sondern um einerseits Missbräuche, Leistungserschleichung etc. auszuschließen und andererseits demokratische Grundrechte (Gerichtsverfahren, Klagen) zu berücksichtigen. Ihm in einer Diskussion angetragene Anregungen nahm er dann mit, um sie in den politischen Alltag einzubringen.
Und was nehmen die Forenteilnehmer mit? Vielleicht die Erkenntnis, dass Politik komplexer ist, als in einer Zeitungsspalte oder 5-Minuten-Nachricht darstellbar. Schon allein deshalb ist es wichtig, sich von Menschen den Blick weiten zu lassen, die Politik machen, von Menschen, die nicht nach 8 Stunden Feierabend haben und die in ihrem Wahlkreis Rechenschaft über ihre Arbeit ablegen und ansprechbar sind, für jeden Bürger, der dies möchte. Die Anwesenden nehmen aus diesem Abend auch mit, dass Politiker um das bessere Konzept auch streiten müssen, denn für diese (parlamentarische) Demokratie sind 1989 in der damaligen DDR viele mutige Menschen auf die Straße gegangen. Von dieser Demokratie profitieren auch die Kirchen, die jetzt frei (und ohne Angst vor Repressalien) den christlichen Glauben verkünden und christliche Werte leben können. Pater Bernhard schloss diesen Abend mit einem Segensgebet und dem Vaterunser ab.
Ein ganz herzlicher Dank gilt Herrn Heinrich für diesen interessanten und informativen Abend. Er hatte auch nach dem offiziellen Teil Zeit gefunden, sich den privaten Fragen und Problemen eines Jeden anzunehmen, der dies wollte.
Text u. Foto: Henning Leisterer